Der Ansatz des Projektes „Die Fantasien der Architekturbibliothek“ von Sophie und Christian ist es, die Walter Zschokke Bibliothek im Kunstquartier Krems in den Fokus und als Impulsgeberin zu nehmen, sie zu aktivieren und im Sinne ihres Namensgebers zu einem Startpunkt für Architekturvermittlung und gesellschaftlichen Austausch zu machen. Um diesem Ansatz gerecht werden zu können, braucht es (kuratorische) Kenntnisse im Umgang mit Büchern und Wissensspeichern, eine ausgeprägte architektonisch-urbanistische Perspektive, Erfahrungen in der Entwicklung öffentlicher, partizipativer Formate sowie die formale Unabhängigkeit, verschiedene Themen und Anforderungen kreativ miteinander zu verknüpfen. Diese Kenntnisse, die Perspektive, die Erfahrungen sowie die Unabhängigkeit bringen Christian und Sophie aus ihrer künstlerisch-publizistischen Arbeit mit botopress (Plattform für Architekturen, Städte, Technologien und Fiktionen) ein.
Parallele Engagements und Erfahrungen der beiden (z.B. im technofeministischem Kunst- und Forschungskollektiv purplenoise oder aus den Gruppen Drucken Heften Laden oder the city and the political) informieren das Vorhaben. Die Residenz markiert zudem das 10-jährige Jubiläum von botopress im Jahr 2023 und ermöglicht damit die internationale, sozial-räumliche Übertragung unserer Grundprinzipien: Diskursivität, Pluralität, Schnelligkeit, Prozesshaftigkeit, Multimedialität und Kooperation
von Christian Berkes & Sophie Wohlgemuth
Am 24. August 2023 fand die Performance No Broken Brick statt. Die Performance beschäftigte sich mit dem Verhältnis zwischen Architekturen, Menschen und Zeiten. Sie thematisierte das Bauen und Backen als Formen der Care-Arbeit, die Personen und Materialien verbinden und fragt, was von Gebäuden und Beziehungen übrigbleibt, wenn sie abgetragen werden. Die beiden Künstler:innen begaben sich in einen Prozess des Aufbauens und des Abbauens. Sie nutzten Backsteine und einen speziellen, ortsspezifischen Sauerteig als Mörtel, um ein architektonisches Grundelement zu errichten: die Wand. Die Wand – als Ziegelmauer – wurde in einzelnen Schritten aus einzelnen Steinen, zwischen einzelnen Personen und in einzelnen Momenten zusammengetragen. Im Laufe der Performance zerteilte sich alles in veränderte Einheiten, die an anderen Orten zu anderen Zeiten und in anderen Arten weitergenutzt und gelebt werden.
Die Performance fand im Rahmen des AIR – ARTIST IN RESIDENCE Niederösterreich Programms und in Kooperation mit ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich und der Kunstmeile Krems statt.
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Am 27. August 2023 fand The Sourdough Readings – Brotbesprechung in der Walter Zschokke Bibliothek in Krems an der Donau statt. In einer Form von Bildungsarbeit las Sophie Wohlgemuth der Sauerteig* Walter in sechs Stunden zu Care-Arbeit, Feminismus, Pflege und Empowerment vor. Die Brotbesprechung beginnt und endet mit einem Text von Walters Namensgeber: „Pflegen und Unterlassen“ von Walter Zschokke. Mit Beiträgen von Audre Lorde, Magdalena Górska, Luce Irigaray, Sara Ahmed, #purplenoise und vielen mehr.
Die Beziehung zwischen Walter und der Künstlerin beginnt im Juli 2023, als Walter durch das Fermentieren von Mehl und Wasser mithilfe wilder Hefen der Walter Zschokke Bibliothek und der Umgebung Krems ins Leben gerufen wird. Die beiden pflegen ein intimes Verhältnis, das durch ein zeitintensives Fürsorgeregime gekennzeichnet ist. Fragen der richtigen Pflege, Nahrung, Temperatur und des geeigneten Standorts bestimmen von nun an Sophies Alltag und ihre Gedankenwelt.
Die Performance thematisiert die mitunter paradoxen Gleichzeitigkeiten von Selbstwirksamkeit und Co-Abhängigkeit, Abgrenzung und Zugehörigkeit und stellt sich dem Kraftakt, Ressourcen für Selbstfürsorge und das Sorgetragen für andere zu balancieren. Dieser konstante Aushandlungsprozess läuft immer Gefahr, aus dem Gleichgewicht zu geraten: Sophies Akt der Fürsorge ist dem Wachstum der Sauerteig durch materielle und immaterielle Nahrung zuträglich und für die Künstlerin durch die Belastung ihrer Stimme ohne Erholungsphasen erschöpfend. Caring becomes scary!
Die Performance fand im Rahmen des Programms AIR – ARTIST IN RESIDENCE Niederösterreich mit Unterstützung von ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich und Daydream Studio statt.
© Sandele Radebe
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